Ein Glück, dass Kinder nicht schon mobil auf die Welt kommen. So haben Eltern etwas Zeit, sich an ihre neue Rolle als Bodyguards kleiner, zuweilen ziemlich unkalkulierbaren Wesen zu gewöhnen. 

Es beginnt damit, dass – kaum hat das Baby einige Male geatmet – den frischen Eltern eingeschärft wird: «Lassen Sie ihren Säugling nie unbeaufsichtigt auf dem Wickeltisch liegen! Nie!!!» 

Denn: Obwohl es noch reichlich unbeweglich aussieht, das Kind könnte sich in einem Anfall akuten Bewegungsdrangs über den Rand schieben und beim Sturz ziemlich arg verletzen.

Spätestens ab da wird allen Eltern klar: 

Dieses Wesen, welches sie produziert und in die Welt gestellt haben, ist kein Selbstläufer.

Dinge wie Dimensionen, Verletzungsgefahr und Selbstwirksamkeit müssen gelernt werden. Und das über JAHRE.

Trotzdem. Die erste Rolle seitwärts (NICHT auf dem Wickeltisch natürlich) wird gefeiert. Das Aufstützen des Oberkörpers. Das fixe Halten des Kopfs. Alles, was dem unbeholfenen Minimenschen Bewegungsfreiheit verschafft, ist nicht nur lässig, sondern grossartig. Wird Teil einer Elternchallenge. «Meins krabbelt schon, deins?» Es kann nicht schnell genug gehen.

Spätestens, wenn man das krabbelnde Kleinkind zuoberst auf der Treppe stehen sieht. Auf ihren Wackelbeinchen, Hände in die Luft. Spätestens da platzt das elterliche Herz. Nicht voller Stolz, sondern in blanker Panik.

Als elterliche Bodyguards, so merkt man mit der Zeit. Muss man nicht nur schnell sprinten können. Man muss auch immer um die Ecke denken. Gefahrenzonen frühzeitig ausmachen. Kindliche Neugierde und kindliches Verhalten antizipieren und entsprechend kanalisieren.

Dann machen sie die ersten Schritte. Entdecken fremde Garageneinfahrten und müssen – je nach kindlichem Charakter – regelmässig von fremden Grundstücken geholt werden. Ein Mü anstrengender und glücklicherweise sind Eltern schon etwas geübt, was das Leben als Bodyguards angeht.

Wirklich herausfordernd wird es dann, wenn Kinder fahrbare Untersätze zu nutzen beginnen. 

Erst muss man sie festhalten und stabilisieren. Erleidet unendliche Qualen, weil man in den unmöglichsten Positionen mitrennen muss. Gleichzeitig feuert man sie an «Du kannst das», «Super!», «Schneller!». Mitten in die Anstrengung stellt sich das ein, was Elternglück ausmacht: Pure Freude daran, dem eigenen Kind ganz viel beizubringen und zu merken, dass man ganz viel dazu beitragen kann, ihm Beweglichkeit und Unabhängigkeit zu ermöglichen.

 

Und dann, wenn es stabil auf seinem ersten, fahrbaren Untersatz sitzt oder steht. Der Moment, in dem es wie verrückt Geschwindigkeit aufnimmt und dann die Beinchen hebt. Huiiiii, da sind nicht nur alle Fahrstunden vergessen. Dann rast das elterliche Herz gleich mit. Vor lauter Freude über diesen nächsten, grossen Schritt. 

Natürlich folgt auch hier wieder eine erneute Bodyguard-Aufgabe. Mit fahrtüchtigen Kindern mutieren Eltern zum Verkehrspolizisten, der den Kindern hinterherrennend lauthals Befehle schreit, versucht, sie einigermassen in Bahnen zu lenken und vor allem: Sie davor zu bewahren, jemanden anzufahren oder in Strassengräben zu landen.

Aber äbe, man ist ja geübt. Zweiräder sind einfach das nächste Level.

Und was noch viel grossartiger ist. Hat man die Kinder erfolgreich in die Nutzung von Fahrrädern eingeführt, muss man sie nicht ständig an Bremskräfte und Verkehrsregeln erinnern, dann kann man die Welt gemeinsam neu entdecken. Was unheimlich viel Spass macht. Man ist schneller weiter. Der Radius vergrössert sich – nicht nur für das Kind, auch für die Familie. Und grundsätzlich kann man glaub' sagen: Wer die Lerneinheit Zweiradfahren erfolgreich beigebracht hat, der muss sich im dreidimensionalen Raum erst wieder Sorgen machen, wenn dann das Vierradfahren beginnt. Doch bis dahin gehen noch einige Jahre ins Land...

Ein Blogpost Beitrag von dem Online-Elternmagazin Mamas Unplugged